Friedrich Kittler
Friedrich Adolf Kittler (* 12. Juni 1943 in Rochlitz; † 18. Oktober 2011 in Berlin) war ein deutscher Literaturwissenschaftler und Medientheoretiker. Seine Arbeitsschwerpunkte waren Kulturtechniken und seit etwa 2001 die Antike. In seinem Werk spielen die Begriffe Aufschreibesysteme, Technik und Militär eine wichtige Rolle.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Friedrich Kittler wurde Mitte 1943 als Sohn des Oberstudiendirektors Dr. Gustav Adolf Kittler im sächsischen Rochlitz geboren, sein Bruder Wolf kurz vor dem Kriegsende. Kittlers Familie siedelte mit ihm 1958 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo er von 1958 bis 1963 ein naturwissenschaftlich-neusprachliches Gymnasium in Lahr/Schwarzwald besuchte und anschließend von 1963 bis 1972 Germanistik, Romanistik und Philosophie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau studierte. Kittler war zweimal verheiratet.<ref>2013: Die Flaschenpost an die Zukunft. Mit Till Nikolaus von Heiseler, Kadmos, ISBN 978-3-865-99235-2</ref>
Während des Studiums beeinflussten ihn die Texte der französischen Poststrukturalisten, vor allem Jacques Lacan, Jacques Derrida und Michel Foucault, die damals in Deutschland noch weitgehend unbekannt waren. 1976 wurde Kittler mit einer Arbeit über den Dichter Conrad Ferdinand Meyer promoviert. Sein Doktorvater war Gerhard Kaiser.<ref>http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article106223230/Kittlers-Geheimakte.html</ref> Von 1976 bis 1986 arbeitete er als Wissenschaftlicher Assistent am Deutschen Seminar der Universität Freiburg. 1980 gab er den Sammelband „Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften“ heraus, für den er auch Derridas Aufsatz „Titel (noch zu bestimmen)“, Titre (à préciser) ins Deutsche übersetzte.
Im Jahr 1984 wurde er im Bereich der Neueren deutschen Literaturgeschichte habilitiert. Es folgten mehrere Aufenthalte als Visiting Assistant Professor und Visiting Professor an US-amerikanischen Universitäten, wie der University of California, Berkeley, der University of California, Santa Barbara und der Stanford University.
Von 1986 bis 1990 war Kittler Leiter des DFG-Projekts „Literatur und Medienanalyse“ in Kassel. 1987 wurde er als Professor für Neugermanistik an die Ruhr-Universität Bochum, 1993 an den Lehrstuhl für Ästhetik und Geschichte der Medien der Humboldt-Universität zu Berlin berufen.
Für seine Forschungen auf dem Gebiet der Medientheorie wurde Kittler 1993 mit dem Siemens-Medienkunstpreis des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe ausgezeichnet.<ref>Preisträger 1993: Friedrich Kittler. In: Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (zkm.de), abgerufen am 18. Oktober 2011.</ref>
1996 war Kittler Distinguished Scholar an der Yale University und 1997 Distinguished Visiting Professor an der Columbia University in New York. Seit 2001 war er stellvertretender Direktor des Hermann von Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik sowie Mitglied der Forschungsgruppe „Bild Schrift Zahl“ (DFG).
Am 18. Oktober 2011 starb Friedrich Kittler in Berlin.<ref>Jürgen Kaube: Zum Tod von Friedrich Kittler. Jede Liebe war eine auf den ersten Blick. In: FAZ.NET. 18. Oktober 2011, abgerufen am 18. Oktober 2011 (zuerst unter dem Titel: Der Medientheoretiker Friedrich Kittler ist tot. Denken, so weit das Medium reicht.). </ref>
Werk und Bedeutung
Friedrich Kittler war einer der einflussreichsten und bedeutendsten deutschen Medientheoretiker und begründete die „Berliner Schule“ in der Medienwissenschaft. Kittler steht für einen neuen Ansatz der Medientheorie, der von den technischen Medien ausgeht und ab den 1980er Jahren zunehmend populär wurde.
Den Begriff „Aufschreibesysteme“ entlehnte Kittler dem Werk von Daniel Paul Schreber. Er bezeichnet bei Kittler „das Netzwerk von Techniken und Institutionen . Springer, Wien, New York, ISBN 978-3-211-83134-2.
Literatur
- Frank Hartmann: Friedrich Kittler. In: Information Philosophie. 25, 1997, Heft 4, S. 40–44.
- Josef Wallmannsberger: Friedrich Kittler. In: Helmut Schanze (Hrsg.): Metzler Lexikon Medientheorie/Medienwissenschaft. Stuttgart 2002, S. 162 f.
- Geoffrey Winthrop-Young: Friedrich Kittler zur Einführung. Junius Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-88506-607-6.
- Christoph Weinberger: Das kalte Modell von Struktur. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft. 1, 2009, S. 93–102.
- Frank Hartmann: Friedrich Kittler. In: Uwe Sander u. a. (Hrsg.): Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15016-1, S. 251–256.
- Jürgen Kaube: Zum Tod von Friedrich Kittler. Jede Liebe war eine auf den ersten Blick. In: FAZ.NET. 18. Oktober 2011, abgerufen am 18. Oktober 2011 (zuerst unter dem Titel: Der Medientheoretiker Friedrich Kittler ist tot. Denken, so weit das Medium reicht).
- Stavros Arabatzis: Doxologien der Schaltungen und Heterosexualität der Medien: Friedrich Kittler und die Unwahrheit der technischen Welt. In: Weimarer Beiträge. ISSN 0043-2199, Bd. 60 (2014), H. 1, S. 99–117.
Weblinks
- Literatur von und über Friedrich Kittler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Friedrich Kittler in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Friedrich Kittler - vervollständigte Bibliographie
- Lehrstuhl für Ästhetik und Geschichte der Medien Humboldt-Universität zu Berlin
- Zwei Gespräche zwischen Friedrich Kittler und Frank M. Raddatz aus den Jahren 2010 und 2011 in der Kulturzeitung Lettre International
Vorträge und Lesungen
- Gespräch zum Buch Aphrodite mit Stefan Münker
- Vortrag (Text/Audio): Farben und/oder Maschinen denken
- Vortrag (Video/Audio): Vom Gott der Diebe zum gerechneten Raum
- Vorlesung (Audio): Kulturgeschichte der Kulturwissenschaften II
- Lesung (Video): Kittler liest Gedichte von Sappho und spricht über die Liebe
- Vortrag (Video/Audio) Blitz und Serie, Ereignis und Donner
- Interview (Video/Audio) Wer seinen Computer noch nie aufgeschraubt hat. Arte. 2007.
- Vortrag (Video/Audio) Ontologie der Medien. Bochumer Kolloquium Medienwissenschaft. 2007.
- Friedrich Kittler, 1943–2011. Vortragssammlung (Video/Audio) auf filmtagebuch.blogger.de, 18. Oktober 2011.
Weblinks von und über Kittler:
- Telepolis: Vom Sündenfall der Software – Medientheorie mit Entlarvungsgestus: Friedrich Kittler – von Frank Hartmann, 22. Dezember 1998
- Auf dem Weg in den Maschinenpark – Rezension Friedrich Kittler: Eine Kulturgeschichte der Kulturwissenschaft – von Frank Hartmann, 28. November 2000
- Telepolis: Friedrich Kittler meets Stephan Schambach von Stefan Krempl, 26. Mai 2000
- Telepolis: Nicht Cyborg, sondern Affe 17. April 2005
- „Rock me, Aphrodite!“ – Interview mit Kittler auf Telepolis, 24. Mai 2006.
- Dionysos Revisited. Friedrich Kittler spricht mit Frank M. Raddatz (Auszug). In: Lettre International 89, Sommer 2010.
- „Hegel is dead“ – Nachruf auf Kittler von Axel Roch, Telepolis, 17. November 2011
- Metamorphosen der Liebe. Friedrich Kittler spricht mit Frank M. Raddatz (Auszug). In: Lettre International 95, Winter 2011.
- Sonderteil zu Friedrich Kittlers Habilitationsverfahren in der Zeitschrift für Medienwissenschaften Kittlers Originaleinleitung zu "Aufschreibesysteme" und die Gutachten zu seiner umstrittenen Habilitationsschrift
Einzelnachweise
<references />
Personendaten | |
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NAME | Kittler, Friedrich |
ALTERNATIVNAMEN | Kittler, Friedrich Adolf (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Literaturwissenschaftler und Medientheoretiker |
GEBURTSDATUM | 12. Juni 1943 |
GEBURTSORT | Rochlitz, Sachsen |
STERBEDATUM | 18. Oktober 2011 |
STERBEORT | Berlin |