Philosophie


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25px Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Philosophie (Begriffsklärung) aufgeführt.
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Raffaels Schule von Athen mit den idealisierten Darstellungen der Gründerväter der abendländischen Philosophie. Obwohl seit Platon vor allem eine Sache der schriftlichen Abhandlung, ist das angeregte Gespräch bis heute ein wichtiger Bestandteil des philosophischen Lebens.

In der Philosophie (griechisch φιλοσοφία philosophía, latinisiert philosophia, wörtlich „Liebe zur Weisheit“) wird versucht, die Welt und die menschliche Existenz zu ergründen, zu deuten und zu verstehen.

Von anderen Wissenschaften unterscheidet sie sich dadurch, dass sie sich oft nicht auf ein spezielles Gebiet oder eine bestimmte Methodologie begrenzt, sondern durch die Art ihrer Fragestellungen und ihre besondere Herangehensweise an ihre vielfältigen Gegenstandsbereiche charakterisiert ist.

In diesem Artikel wird die westliche (auch: abendländische) Philosophie, die im 6. Jahrhundert v. Chr. im antiken Griechenland entstand, behandelt. Hier nicht behandelt werden die mit der abendländischen Philosophie in einem mannigfaltigen Zusammenhang stehenden Traditionen der jüdischen und der islamischen Philosophie sowie die ursprünglich von ihr unabhängigen Traditionen der afrikanischen und der östlichen Philosophie.

In der antiken Philosophie entfaltete sich das systematische und wissenschaftlich orientierte Denken. Im Lauf der Jahrhunderte differenzierten sich die unterschiedlichen Methoden und Disziplinen der Welterschließung und der Wissenschaften direkt oder mittelbar aus der Philosophie, zum Teil auch in Abgrenzung zu irrationalen oder religiösen Weltbildern oder Mythen.

Kerngebiete der Philosophie sind die Logik (als die Wissenschaft des folgerichtigen Denkens), die Ethik (als die Wissenschaft des rechten Handelns) und die Metaphysik (als die Wissenschaft der ersten Gründe des Seins und der Wirklichkeit). Weitere Grunddisziplinen sind die Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie, die sich mit den Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns im Allgemeinen bzw. speziell mit den Erkenntnisweisen der unterschiedlichen Einzelwissenschaften beschäftigen.

Einführung

Es gibt Probleme, die sich nicht mit Hilfe der „gewöhnlichen“ Wissenschaften bearbeiten lassen: die Fragen etwa nach dem, was „gut“ und „böse“ ist, was „Gerechtigkeit“ bedeutet, ob es einen Gott gibt, ob der Mensch eine unsterbliche Seele besitzt oder was der „Sinn des Lebens“ ist.

Eine weitere Klasse von Fragen kann ebenfalls nicht Gegenstand der Wissenschaften sein:

  • Die Biologie untersucht zwar die Welt des Lebendigen, sie kann aber nicht bestimmen, was das „Wesen“ des Lebendigen ausmacht, ob und wann lebende Organismen getötet werden dürfen oder welche Rechte und Pflichten das menschliche Leben beinhaltet.
  • Mit Hilfe von Physik und Mathematik können zwar Naturgesetze ausgedrückt werden, aber die Frage, ob die Natur überhaupt gesetzmäßig aufgebaut ist, kann keine Naturwissenschaft beantworten.
  • Die Rechtswissenschaften untersuchen und legen fest, wann etwas im Einklang mit den Gesetzen geschieht; was aber wünschenswerte Inhalte des Gesetzbuches sein sollten, dies übersteigt ihren Rahmen.
  • Allgemein erhebt sich nicht nur hinsichtlich jeder Einzelwissenschaft, sondern grundsätzlich die Frage, wie wir mit dem daraus gewonnenen Wissen umgehen sollen.
  • Zudem gibt es Probleme, die die Grenzen des Denkens berühren, wie etwa die Frage, ob die in diesem Moment individuell erlebte Wirklichkeit auch tatsächlich existiert.

In allen solchen Fällen versagen die Erklärungsmodelle der Einzelwissenschaften. Bei diesen Problemen handelt es sich um philosophische Fragen.

Der griechische Philosoph Platon hegte deshalb bereits vor mehr als zwei Jahrtausenden Zweifel an dem Bild, das der Mensch von sich selbst und von der Welt entwickelte. In seinem berühmten Höhlengleichnis<ref>Platon, Politeia 514a-520d (das eigentliche Ziel der Beweisführung Platons – die den Philosophen in der Polis zukommende und aufgetragene politische Führungsrolle – kann hier ausgeklammert werden)</ref> reflektierte er unter anderem die begrenzte Wahrnehmungs- und Erkenntnisfähigkeit des gewöhnlichen Menschen. Dieser sitzt mit seinesgleichen nebeneinander aufgereiht in einer Höhle, alle in einer Weise gefesselt, dass sie nur starr geradeaus die Höhlenwand vor sich betrachten können. Licht gibt ein Feuer, das weit im Rücken der Menschen im entfernten Teil der Höhle brennt. Zwischen den Menschen und dem Feuer befindet sich – ebenfalls in ihrem Rücken – eine Mauer, hinter der verschiedene Gegenstände getragen und bewegt werden, die die Mauer überragen und den auf ihre Höhlenwand fixierten Menschen als mobile Schatten erscheinen. Stimmen und Geräusche von dem Treiben hinter der Mauer würden den fixierten Beobachtern demzufolge ebenfalls als Hervorbringungen der Schatten vor ihren Augen gelten müssen. Mit diesem Szenario kontrastiert Platon die uns geläufige „wirkliche“ Welt im Sonnenlicht außerhalb der Höhle und macht durch diesen Kunstgriff begreiflich, warum Philosophen die Wahrheit, d. h. die Nähe zur Wirklichkeit menschlicher Wahrnehmung in Frage stellen.

Die Philosophie behandelt zumeist Sachverhalte, die im Alltag zunächst einmal völlig selbstverständlich erscheinen: „Du sollst nicht töten“, „Demokratie ist die beste aller Staatsformen“, „Wahrheit ist, was nachprüfbar stimmt“, „Die Welt ist, was sich im Universum vorfindet“ oder „Die Gedanken sind frei“. Für manche Philosophen ist erst der Augenblick, in dem solche Überzeugungen, in dem das bisher fraglos Hingenommene fragwürdig wird, der Geburtsmoment der Philosophie. Menschen, denen nichts fragwürdig erscheint, werden demnach nie Philosophie betreiben. Auch das kindliche Staunen wird oft als Beginn philosophischen Denkens angeführt:

„Das Staunen ist die Einstellung eines Mannes, der die Weisheit wahrhaft liebt, ja es gibt keinen anderen Anfang der Philosophie als diesen.“

Platon: Theaitetos 155 D

„Staunen veranlasste zuerst – wie noch heute – die Menschen zum Philosophieren.“

Aristoteles: Metaphysik I 2, 982 b 12

Anders als Religionen, religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen stützt sich die Philosophie bei der Bearbeitung der oben genannten „philosophischen“ Fragen allein auf die Vernunft, d. h. auf rationale Argumentation, die keine weiteren Voraussetzungen (wie z. B. den Glauben an eine bestimmte zugrundeliegende Lehre) erfordert.

Was ist Philosophie?

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Übersicht über die Hauptwirkungsstätten einiger bedeutender Philosophen in Europa.

„Philosophie“ lässt sich nicht allgemeingültig definieren, weil jeder, der philosophiert, eine eigene Sicht der Dinge entwickelt. Daher gibt es annähernd so viele mögliche Antworten auf die oben gestellte Frage wie Philosophen. Carl Friedrich von Weizsäcker hat einmal formuliert: „Philosophie ist die Wissenschaft, über die man nicht reden kann, ohne sie selbst zu betreiben.“<ref>Carl Friedrich von Weizsäcker, Die Einheit der Natur (1971)</ref> Daneben hat der Begriff auch viele weichere Konnotationen und kann dann Weltanschauung, Unternehmenskultur etc. bedeuten.<ref>Das US-Militär sprach z. B. in einem internen Papier über die Behandlung von Kriegsgefangenen von einer „Confinement Philosophy“ und meinte damit allgemeine Verhaltensregeln wie das Verbot von Schikanen. Siehe Standard Operating Procedure, Camp Bucca, Irak vom 27. März 2004.</ref>

Um so erstaunlicher ist die Präzision der materialistischen Fassung des Begriffes, wonach die Philosophie die Wissenschaft von den allgemeinen Bewegungs- und Strukturgesetzen der Natur, der Gesellschaft und des Denkens (Erkennens) sowie der Stellung des Menschen in der Welt ist.<ref name="Klaus/Buhr">Artikel „Philosophie“. In: Georg Klaus, Manfred Buhr (Hrsg.): Philosophisches Wörterbuch. 11. Aufl., Leipzig 1975.</ref>

Zu den philosophischen Arbeitsfeldern gehört zunächst die Untersuchung von Methoden, Prinzipien und der Gültigkeit jeglicher Erkenntnisgewinnung wie auch der Argumente und Theorien auf wissenschaftlicher Ebene. Philosophie kann in diesem Zusammenhang als Grundlagenwissenschaft verstanden werden. Denn philosophisches Nachdenken und In-Frage-Stellen hat die Einzelwissenschaften stets befruchtet und in ihrer Entwicklung gefördert. Die Philosophie stellt Fragen von einer Art, die Spezialwissenschaften (bisher) nicht beantworten können, die durch Versuche, Berechnungen oder andere Forschungen mit den bisherigen Instrumenten nicht zu beantworten sind. Derartige Problemstellungen können aber das Forschen in eine neue Richtung lenken. So werden mitunter neuartige Forschungsfragen in den einzelnen Wissenschaften auf den Weg gebracht; Philosophie leistet folglich über das ureigene Feld hinaus einen Beitrag zur Hypothesenbildung.

Weitergehende philosophische Bemühungen erstrecken sich auf eine systematische Ordnung menschlichen Wissens zwecks Herstellung eines in sich schlüssigen Weltbilds unter Einbeziehung menschlicher Werte, Rechte und Pflichten.

Sinn und Arten des Philosophierens

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Weisheitsemblem (1635), Ausschnitt: SAPIENS DOMINABITUR ASTRIS. Der Text lautet frei übersetzt: „Wer wahre Weisheit erlangt, wird Herrscher über alle Gestirne sein.“

Viele Menschen betreiben Philosophie um ihrer selbst willen: um sich selbst und die Welt, in der sie leben, besser zu verstehen; um ihr Handeln, ihr Weltbild auf eine gut begründete Basis zu stellen. Wer ernsthaft philosophiert, stellt kritische Fragen an die ihn umgebende Welt sowie an sich selbst, lässt sich im Idealfall nicht so leicht täuschen oder von anderen seelisch-geistig manipulieren, übt sich in Wahrhaftigkeit und begeht nicht so leicht Fehlschlüsse. Ein kritisches Potenzial der Philosophie liegt im Hinterfragen der gesellschaftlichen Verhältnisse ebenso wie in einer Relativierung der Ansprüche von Wissenschaften und Religionen. Hierbei beschränkt sich die Philosophie nicht auf die kritische Analyse, sondern sie liefert auch konstruktive Beiträge, beispielsweise durch die rationale Rekonstruktion und Präzisierung vorhandener Wissenssysteme oder die Formulierung von Ethiken. Ein selbstbestimmtes und vernunftbasiertes Leben auf der Grundlage eigenen Nachdenkens (sapere aude!) ist das Ziel vieler Philosophierender.

Bei dem auf individuellen Nutzen gerichteten Philosophieren sind vor allem zwei Arten oder Ausrichtungen zu unterscheiden:

Das Streben nach Weltweisheit soll dem Verstand Orientierung und Sicherheit in allen lebenspraktischen Bezügen verschaffen und die Fähigkeit zu sinnvoller gedanklicher Einordnung alles Begegnenden begünstigen. Es soll gleichsam die Unerschütterlichkeit des eigenen Verstandes durch das Geschehen in der Welt bewirken, sodass der Intellekt jede Lebenssituation souverän zu verarbeiten vermag. Wem von seinen Mitmenschen Weisheit zuerkannt wird, der vermittelt durch seine Reaktionen und Äußerungen den Eindruck, dass er über solche Souveränität verfügt.

Demgegenüber legt die Philosophie als Lebensweise den Akzent auf die Umsetzung der Ergebnisse philosophischer Reflexion in die eigene Lebenspraxis. Auf die richtige Weise zu leben und den Lebensalltag zu gestalten, setzt hiernach ein in vertiefter Form eingeübtes und daraus sich entwickelndes richtiges Denken voraus. Und umgekehrt ist es zur Beglaubigung des philosophischen Denkens nötig, dass es sich in der Lebensweise erkennbar spiegelt.

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Jean-Léon Gérôme, „Diogenes“, 1860. Phantasiedarstellung, die auch die namensgebenden Hunde (altgr. κύων) der Kyniker vorführt.

Sehr ausgeprägte Anwendungsformen einer philosophisch bestimmten Lebensweise hat es insbesondere in der Antike gegeben, vor allem in den Reihen der Stoiker, der Epikureer und der Kyniker. Für das Ideal der Übereinstimmung von Denken und Tun hat der Kyniker Diogenes von Sinope durch seine von radikaler Enthaltsamkeit gekennzeichnete Lebensweise Anhängern wie Gegnern dieser Art philosophischer Ausrichtung ein oft zitiertes Beispiel gegeben. Die Einheit von Theorie und Praxis wird jedoch auch in der östlichen Philosophie betont.

Diogenes, der seinem philosophischen Denken Ausdruck verlieh, indem er dem weltlichen Treiben entsagte, zeugt auch davon, dass zum Philosophieren Ruhe und Muße gehören. (Noch das Wort Schule geht auf das griechische Wort in der alten Bedeutung für „Muße“ : Thomson Gale, Macmillan Reference 2. A. 2006, ISBN 0-02-866098-6, auch in elektronischer Form erhältlich (aktuelles Standardwerk)

  • Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. von Joachim Ritter [u. a.], fortgeführt von Karlfried Gründer [u. a.] [= 2. Aufl. von: Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe], I-XII Basel [und Darmstadt] 1971–2005. (Das umfassendste Werk seiner Art, deutschsprachiges Standardwerk)
  • Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Gesamtwerk in acht Bänden. Metzler, Stuttgart 2005 ff. 2.neu bearb. und erweiterte Aufl, ISBN 978-3-476-02108-3 (wissenschaftsorientiert, stark im Bereich Logik und Mathematik)
  • Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie. 3 Bände. Meiner, Hamburg 2010, ISBN 978-3-7873-1999-2 (Nur umfassende Artikel zu Sachthemen)
  • Edward Craig (Hrsg.): The Routledge Encyclopedia of Philosophy. 10 Bde. Routeledge, London 1998. (ein sehr umfangreiches Nachschlagewerk; auch als einbändige, allerdings sehr knappe Kurzfassung erschienen; außerdem auf CD-ROM erhältlich und als Online-Version)
  • Hermann Krings, Hans Michael Baumgartner, Christoph Wild (Hrsg): Handbuch Philosophischer Grundbegriffe. 3 Bde. (Studienausgabe: 6 Bde.) Kösel, München 1973-74.
    • auf CD-ROM (PDF-Dateien): 2., vollständig durchgesehene Auflage 2003, ISBN 978-3-936532-22-7
    • in Nachfolge: Neues Handbuch philosophischer Grundbegriffe. Hrsg. von Petra Kolmer und Arnim G. Wildfeuer. Karl Alber, Freiburg i. Br. / München 2011 ff. Band 1 (A-F) ISBN 978-3-495-48222-3 (195 Autoren behandeln in 215 Abhandlungen Grundbegriffe der Philosophie.)
  • Franco Volpi (Hrsg.): Großes Werklexikon der Philosophie. 2 Bde. Jubiläumsausgabe. Kröner, Stuttgart 2004, ISBN 3-520-83901-6
  • Dictionnaire des philosophes. 2 Bde. 2. Aufl. Hrsg. v. Denis Huisman. Presses universitaires de France, Paris 1993, ISBN 2-13-045524-7
  • Literaturempfehlungen

    Periodika

    Weblinks

    Wiktionary Wiktionary: Philosophie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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    → Hilfsmittel zur Geschichte der Philosophie siehe dort.
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    Teil 2: Gegenstände der Philosophie, Sinn und Nutzen der Philosophie (ältere Artikelversion)

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    Einzelnachweise

    <references />

    24px Dieser Artikel wurde am 27. August 2006 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen.