Gauß-Filter


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Datei:Gauss-Filter-Uebertragungsfunktion.svg
Betragsfrequenzgang von <math>H(j\omega)</math> eines Gauß-Filters mit normierter Frequenz und einer Bandbreite <math>B</math> von 1.
Datei:Gauss-Filter-Impulsantwort.svg
Impulsantwort <math>h(t)</math> eines Gauß-Filters

Gauß-Filter sind Frequenzfilter, welche bei der Sprungantwort keine Überschwingung aufweisen und gleichzeitig maximale Flankensteilheit im Übergangsbereich aufweisen. Als Besonderheit besitzt bei diesem Filter sowohl die Übertragungsfunktion als auch die Impulsantwort den Verlauf einer gaußschen Glockenkurve, wie in den Abbildungen rechts dargestellt, wovon sich auch der Name dieses Filtertyps ableitet.

Anwendungsbereiche dieses Filters liegen bei digitalen Modulationsverfahren und im Bereich der Bildverarbeitung.

Übertragungsfunktion

Der Betrag der Übertragungsfunktion <math>H(j\omega)</math> ist bei Gauß-Filtern gegeben durch

<math>|H(j\omega)| = e^{- \left( {\frac{\omega}{2 \alpha}} \right) ^2}</math>

mit der Konstanten <math>\alpha</math>

<math>\alpha = \frac{\pi}{\sqrt{\ln(\sqrt{2})}}</math>.

Die Impulsantwort eines Gauß-Filters lautet

<math>h(t) = \frac{\alpha}{\sqrt{\pi}} e^{{-(\alpha t)}^2}</math>.

Daraus ist ersichtlich, dass das Gauß-Filter eine Idealisierung darstellt, denn es ist nicht-kausal: Die Hälfte der Impulsantwort (Verlauf bei t < 0) ist am Ausgang des Filters bereits erschienen, wenn am Eingang des Filters das auslösende Signal, der Impuls, bei t = 0 auftritt.

Anwendungen

Digitale Signalverarbeitung

Datei:GMSK GSM.svg
Ein Rechteckimpuls, blau punktiert dargestellt, wird durch die Impulsformung eines Gauß-Filters in den rot dargestellten Signalverlauf übergeführt.

Gauß-Filter besitzen eine konstante Gruppenlaufzeit im Sperr- und Durchlassbereich und kein Überschwingen in der Sprungantwort. Einsatzbereich dieses Filters liegt primär zur Impulsformung mit Anwendungsbereichen in der digitalen Signalverarbeitung.<ref name="dell1"/>

Die Impulsformung findet bei digitalen Modulationsverfahren wie dem Gaussian Minimum Shift Keying (GMSK), da damit die einzelnen, meist rechteckförmigen Sendesymbole in Impulse der gaußschen Glockenkurve mit geringerem Bandbreitenbedarf als die ursprünglichen rechteckförmigen Sendesymbole umgewandelt werden können. Damit ist eine höhere spektrale Effizienz des Modulationsverfahrens verbunden.

In Mobilfunksystemen wie GSM werden Gauß-Filter im Rahmen der GMSK-Modulation auf der Funkschnittstelle zur Übertragung der digitalen Sprach- und Steuerinformationen eingesetzt.

Weitere Anwendungen liegen bei Modulationstechniken wie dem Chirp Spread Spectrum, bei dem die unstetige Frequenzänderung bei zeitlich aufeinanderfolgenden Chirps durch Gauß-Filter geglättet wird.

Bildverarbeitung

Datei:Halftone, Gaussian Blur.jpg
Mit einem Gauß-Filter geglättetes Halbtonbild

In der Bildverarbeitung werden Gauß-Filter zur Glättung oder Weichzeichnen des Bildinhaltes verwendet. Es kann damit das Bildrauschen vermindert werden: Kleinere Strukturen gehen verloren, gröbere Strukturen bleiben dagegen erhalten <ref>Beispiel: Entfernen von Gravurlinien für den Vergleich größerer Strukturen in einem Holzstich (1876, Henry Holiday) und in einer Radierung (1566–1568, Markus Gheeraerts der Ältere).</ref>. Spektral kommt die Glättung einem Tiefpassfilter gleich.

Da ein Bild zwei Dimensionen aufweist, muss für die Bildverarbeitung die Impulsantwort auf zwei Dimensionen erweitert werden. Die Impulsantwort besitzt die beiden Argumente <math>x</math> und <math>y</math> entsprechend den Raumrichtungen:

<math>h(x,y) = \frac{\alpha^2}{\pi} e^{- \alpha^2 (x^2 + y^2)}</math>.

Für praktische Realisierungen im Rahmen der digitalen Bildverarbeitung wird die diskrete Impulsantwort meist in Form einer zweidimensionalen Matrix verwendet.

Alternativ wird in der Literatur bei der Beschreibung von Gauß-Filtern statt der Konstanten <math>\alpha</math> dazu gleichwertig die Varianz <math>\sigma^2</math> in dem Ausdruck der Impulsantwort verwendet − was die mathematische Nähe der Impulsantwort eines Gauß-Filters zur Funktion der Normalverteilung ausdrückt. Bei einer Dimension ist die Impulsantwort:

<math>h(x) = \frac{1}{\sigma \sqrt{2 \pi}} e^{-\frac{x^2}{2\sigma^2}}</math>

Die Impulsantwort bei zwei Dimensionen ergibt sich aus dem Produkt der beiden Richtungen in x und y:

<math>h(x,y) = \frac{1}{{2\pi}\sigma^2}e^{-\frac{x^2+y^2}{2\sigma^2}}</math>

Durch Ausnutzung der Separierbarkeit kann die Rechenzeit deutlich reduziert werden.

Beispiel für ein 3×3-Filter:

<math> \frac{1}{4} \begin{bmatrix}

   1 \\ 2 \\ 1  

\end{bmatrix}

\frac{1}{4} \begin{bmatrix}

   1 & 2 & 1

\end{bmatrix}

=

\frac{1}{16} \begin{bmatrix}

   1 & 2 & 1 \\ 
   2 & 4 & 2 \\
   1 & 2 & 1

\end{bmatrix}</math>

Literatur

  •  Karl Dirk Kammeyer, Volker Kühn: MATLAB in der Nachrichtentechnik. 1 Auflage. J. Schlembach Fachverlag, 2001, ISBN 3-935340-05-2.

Weblinks

Einzelnachweise

<references> <ref name="dell1">F. Dellsperger: Passive Filter. Berner Fachhochschule, Hochschule für Technik und Informatik HTI, Fachbereich Elektro- und Kommunikationstechnik, 2004, S. 18 bis 21, abgerufen am 5. Februar 2014.</ref> </references>