Arztwerberecht


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Werbeschild einer Arztpraxis

Das Arztwerberecht in Deutschland ist die Gesamtheit der Bestimmungen, die die Möglichkeiten und Grenzen der Werbung von Ärzten und Zahnärzten regeln. Gesetzliche Grundlagen des Arztwerberechts sind die jeweiligen Berufsordnungen der Landes(zahn)ärztekammern in den einzelnen Bundesländern, das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Als Ziel der Werbeeinschränkungen von Ärzten führen die Berufsordnungen die Gewährleistung des Patientenschutzes durch sachgerechte und angemessene Information an sowie die Vermeidung einer dem Selbstverständnis des Arztes zuwiderlaufenden Kommerzialisierung des Arztberufs.

Grundsätze des Werberechts

Das ärztliche Werberecht hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Bis vor wenigen Jahren war Ärzten fast jede Werbung untersagt. Im Zuge der liberalisierenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zum Werberecht der Freiberufler wurden die Bestimmungen gelockert. Seit 2002 (105. Ärztetag in Rostock) ist nach § 27 der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer<ref>Musterberufsordnung bei der Bundesärztekammer (Stand 2006)</ref> sowie der Bundeszahnärztekammer<ref>Bundeszahnärztekammer, Musterberufsordnung, Stand 19. Mai 2010 (PDF; 46 kB)</ref> und allen Berufsordnungen der Landes(zahn)ärztekammern sachliche berufsbezogene Information gestattet und damit Werbung grundsätzlich zulässig. Lediglich „berufswidrige“ Werbung, die das Laienpublikum unsachlich beeinflusst und dadurch eine mittelbare Gesundheitsgefährdung bewirken könnte, bleibt verboten. Hierunter fallen insbesondere anpreisende, irreführende und vergleichende Werbung.<ref> Pressemitteilung "Arztwerbung im Fernsehen erlaubt" Stand: 23. August 2009</ref> Weiterhin verboten sind damit z. B. Blickfangwerbung, Superlative, Eigenlob, Hinweise auf Empfehlungsschreiben und Danksagungen, wobei nach Ansicht juristischer Autoren die örtliche Übung und der Adressatenkreis der Werbung berücksichtigt werden soll.<ref> Hüttl P, Heberer J, von Knoch M, Siegert M: Das Werberecht der medizinischen Leistungserbringer, Der Chirurg BDC 11 · 2007 S. 383 ff. PDF</ref>

Auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Stand: 14. Juli 2012) lehnt einschränkende Auslegungen zu seiner Rechtsprechung ab.<ref>BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 2012, AZ: 1 BvR 407/11</ref><ref>Beschluss vom 7. März 2012; AZ: 1 BvR 1209/11</ref> Hiernach sind berufsrechtlichen Regelungen für (Zahn-)Ärzte in verfassungskonformer Weise auszulegen, so das BVerfG. Dabei ist insbesondere im Lichte des Grundrechts der Berufsfreiheit verfassungsrechtlich zu fordern, dass ein Werbeverbot anhand von plausiblen Gründen nachvollziehbar und keineswegs nur pauschal begründet wird. Die Tragweite des Grundrechts auf Berufsfreiheit wird dabei regelmäßig dann verkannt und damit in unzulässiger Weise eingeschränkt, wenn bei der Ermittlung des (Werbe-)Begriffsverständnisses bestimmte, auf der Hand liegende, für die Aussage des Begriffs erkennbar relevante Aspekte entweder gar nicht erörtert werden oder ihre Berücksichtigung mit unvertretbarer Argumentation abgelehnt wird.<ref>BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 2012, AZ: 1 BvR 407/11</ref>

Im Zuge der Liberalisierung ist die Unterscheidung zwischen Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten inzwischen aufgegeben worden, so dass auch niedergelassene Ärzte im selben Umfang werben dürfen. Auch die im HWG gesetzlich untersagte Selbstdarstellung in Arztkleidung ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshof erlaubt.<ref>Deutsche Krankenhausgesellschaft: Erläuterung zum Urteil Stand: 23. August 2009</ref> Gewinnspiele sind nach neuerer Rechtsprechung zumindest bei Zahnärzten erlaubt.<ref>BGH: Werbung vom Zahnarzt mit Gewinnspiel und weiteren Informationen auf Internetseite erlaubt (MacDent) Stand: 23. August 2009</ref>

Internet

Ärzte dürfen eine Internetpräsenz haben. Die Bundesärztekammer und die einzelnen Landesärztekammern haben unterschiedlich ausführliche Richtlinien dazu herausgegeben. Daneben müssen bei der Gestaltung der Homepage und des Impressums die Forderungen des Telemediengesetzes beachten werden.

  • Die Aussagen müssen sachlich sein und sich auf die Erbringung ärztlicher Leistungen beziehen
  • Organisatorische Informationen zur Praxis sind erlaubt: Lage, Öffnungszeiten, Parkmöglichkeit, Hinweise für Behinderte, Telefonnummer. Mailadresse und Faxnummer müssen sogar zwingend angegeben werden.
  • Pflichtangaben sind unter anderem die Berufsbezeichnung, der Staat, in dem sie erworben wurde, die zuständige Aufsichtsbehörde, die bestehende Haftpflichtversicherung und deren räumlicher Geltungsbereich usw.
  • Gästebücher und Foren könnten anpreisende Werbung enthalten und sollten daher nur eingeschränkt benutzt werden.
  • Die Domäne darf nicht suggerieren, dass der Arzt allein ein gewisses Fachgebiet abdeckt (Beispiel: www.kinderarzt.de) oder eine Fachrichtung alleine in einem Ort vertritt, wenn das nicht der Fall ist (Beispiel: www.hno-berlin.de). Erlaubt sind Kombinationen aus Fachgebiet mit dem Namen des Arztes (Beispiel: www.zahnarzt-mustermann.de).
  • Bei der Verwendung von Meta-Tags sind nur relevante Begriffe erlaubt, eine übermäßige Häufung kann als unerlaubte Werbung gelten
  • Die Homepage sollte dem 'anerkannten Stand der Technik' entsprechen, was bedeutet, dass der Quelltext den Richtlinien des W3C entspricht und die Seite barrierefrei gestaltet ist.
  • Publikationslisten, die suggerieren, dass sich ein Arzt auf einem Gebiet besonders auskennt, sind verboten.
  • Werbung für die Webseite ist erlaubt, wenn sie nicht zu aufdringlich ist (keine Pop-ups).
  • Der Eintrag in Linklisten ist erlaubt, solange dieser Eintrag auch allen anderen Ärzten offensteht.

Obwohl die Missachtung dieser Richtlinien teure Abmahnungen nach sich ziehen kann, werden sie häufig nicht befolgt.<ref>Ärzteblatt 23. Juli 2008: Arzthomepages: Rund 8.000 Websites abgemahnt</ref>

Literatur

  • Beate Bahner, Das neue Werberecht für Ärzte, 2. Aufl., Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-00036-4.
  • Christoph Kretschmer, Ärztliche Werbung im europäischen Kontext, Peter Lang, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-631-55734-5.
  • Stephan Kock: "Ärztliche Werbung im Wandel - Was darf ein Arzt wirklich?" Deutsches Ärzteblatt - Magazin PRAXiS, 04/2013 online

Einzelnachweise

<references />

Weblinks

Zahnärztliche Mitteilungen 19/2012, RA Eike Makuth, Bundeszahnärztekammer, Der Einzelfall entscheidet

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